Die Orgeln

In den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche wurde instrumentale Musik im Gottesdienst abgelehnt. Das hing wohl damit zusammen, dass Instrumente hauptsächlich im profanen heidnischen Gebrauch – z. B. im Zirkus oder im Theater, bei ausschweifenden Festen – verwendet wurden. Unter Orgelklängen wurden in Rom christliche Märtyrer hingerichtet. In den orthodoxen Kirchen hat sich die Ablehnung instrumentaler Musik im Gottesdienst bis heute gehalten.

Die abendländische Orgeltradition beginnt mit der Schenkung eines Organons an König Pippin im Jahr 757 n. Chr. durch den byzantinischen Kaiser. Ein Instrument also für den König, ein königliches Instrument. Bei der Kaiserkrönung Karls des Großen (800 n. Chr.) wurden die Huldigungen an den Kaiser von einer Orgel untermalt.

Nun setzte ein Umdenken im Blick auf instrumentale Musik im Gottesdienst ein, denn was für den irdischen Herrscher als schön galt, das konnte und wollte man dem Herrscher des Alls, dem Schöpfer der Welt, dem Herren über alle Herren nicht vorenthalten. Schon ab dem Jahr 1000 n. Chr. werden Orgeln in Kirchen zur Regel, wobei man hier zunächst an kleine, bescheidene Instrumente mit ca. 10 Tasten denken muss.

Erst ab dem 17. Jahrhundert schließlich setzt sich durch, dass die Orgel die Gemeinde beim Gesang begleitet. In diesem Jahrhundert wurde die Fülle der Möglichkeiten des Orgelspiels entscheidend entwickelt. Dafür stehen Namen wie Johann Pachelbel, Dietrich Buxtehude, Johann Sebastian Bach.

Die erste Orgel in der Kirche Am Hohenzollernplatz wurde von der Orgelbauwerkstatt Furtwängler und Hammer in Hannover eingebaut. Sie besaß 61 Register auf 3 Manualen und 1 Pedal. Allerdings war der Platz der Orgel für den Klang im Kirchenraum nur bedingt geeignet, da sie auf der dritten(!) Empore, also quasi unter dem Dach, installiert war. Der Spieltisch stand auf der zweiten (Sänger-)Empore. Bei der Abnahme der Orgel baten nach einiger Zeit die Mitglieder der Kommission den Organisten Karl Lunde, doch einmal alle Register zu ziehen, damit der volle Klang sich entfalten könne. Darauf antwortete dieser: "Das tue ich schon die ganze Zeit." Hier ist dem Architekten ein gravierendes Versehen anzulasten. Auch ein später (wohl 1935) eingebautes Rückpositiv an der zweiten Empore mit 8 Registern sorgte nur bedingt für eine Klangverbesserung.

Der zweite Organist der Kirche, Hans Jendis, nannte die Orgel bei seinem Amtsantritt 1938 "ein klangliches und bauliches Fiasko." So plante auf Anregung des Organisten und aufgrund seiner Vorstellungen der Gemeindekirchenrat 1939 eine völlig neue Orgel unter Verwendung der Pfeifen der ursprünglichen Orgel. Dazu sollten die oberen Emporen abgerissen werden und eine große Konzertorgel mit 94 Registern auf 4 Manualen und Pedal mit Glockenspiel eingebaut werden. Beauftragt wurde die Orgelbauwerkstatt Sauer (Frankfurt/Oder), die bereits die Orgel im großen Saal erstellt hatte. Nach der Sauer-Orgel im Berliner Dom (113 Register) wäre so das zweitgrößte Instrument in Berlin entstanden. Nach Abschluss des Vertrages und einer Anzahlung musste die Fa. Sauer mit Bedauern mitteilen, dass die Arbeiten erst nach dem Ende des Kriegs begonnen werden könnten. Dabei blieb es dann.

Nach der Indienstnahme der Kirche 1955 konnte zunächst nur eine kleine elektrische Orgel angeschafft werden, um die Gottesdienste zu gestalten. Für zehn Jahre musste sich die Gemeinde damit begnügen.

Die Planung einer neuen Orgel erforderte nach den deprimierenden Erfahrungen mit dem ersten Instrument sorgfältige Vorüberlegungen. Die oberste (Orgel-)Empore war durch die Bombe quasi weggerissen. Die zweite (Sänger-)Empore war zwar wiederhergestellt, aber ein Aufstellen der Orgel auf dieser Ebene hätte nach Meinung der Orgelbauer und des Organisten immer noch Probleme bereitet. Unterdessen stand die Kirche unter Denkmalschutz – was tun? Bei der Durchsicht der Bauakten ergab sich, dass die Emporen in den Bauzeichnungen stark differierten und z. T. die 2. Empore nicht eingezeichnet war. Dadurch konnte man die Genehmigung zum Abriss dieser Empore erreichen und hatte genug Platz für eine große Orgel gewonnen.

Rückpositiv I

Gedackt 8’ . Quintade 8’ . Rohrflöte 4’ . Nasat 2 2/3’ . Prinzipal 2’ . Terz 1 3/5’ . Quinte 1 1/3’ . Scharff 5-fach . Zimbel 2-fach . Rankett 16’ . Krummhorn 8’ . Clairon 4’

Tremulant III, IV an I . Schweller

Hauptwerk II

Pommer 16’ . Prinzipal 8’ . Holzflöte 8’ . Spitzgambe 8’ . Quinte 5 1/3’ . Oktave 4’ . Gedackt 4’ . Quinte 2 2/3’ . Oktave 2’ . Oktave 1’ . Kornett 5-fach . Mixtur 5-fach . Scharff 4-5-fach . Spanische Trompete 16’ . Spanische Trompete 8'

I, II, III, IV an P

Oberwerk III

Dulzgedackt 16’ . Weitprinzipal 8’ . Rohrflöte 8’ . Violflöte 8’ . Schwebung 8’ . Oktave 4’ . Nachthorn 4’ . Waldflöte 2’ . Salizet 2’ . Oktävlein 1’ . Terz 4/5’ . Sesquialtera 2-fach . Mixtur 4-fach . Fagott 16’ . Oboe 8’

Tremulant . Tremulant I, III, IV an II

Brustwerk IV

Singend Gedackt 8’ . Lochflöte 4’ . Blockflöte 2’ . Oktävlein 1/2’ . Zwergzimbel 3-fach . Vox Humana 8’

Tremulant

Pedalwerk

Prinzipal 16’ . Subbass 16’ . Quintbass 10 2/3 . Oktavbass 8’ . Gedecktbass 8’ . Pommer 4’ . Oktave 2’ . Rauschpfeife 4-fach . Mixtur 4-fach . Liebliche Posaune 32’ . Bombarde 16’ . Trompete 8’ . Clairon 4’

Schweller IV an III

Die Kemper / Sauer-Orgel

Am 3. März 1964 wurde der Orgelbauvertrag mit der Orgelbauwerkstatt Kemper und Sohn (Lübeck) geschlossen. Disposition und Spieltechnik wurden vom Organisten der Kirche Am Hohenzollernplatz, Prof. Dr. Kelletat, mit den Orgelbauern erarbeitet. Dabei setzte man auf die von Prof. Kelletat wiederentdeckte sogenannte "Kirnberger-Stimmung". Im Klang ergab sich daraus ein barockisierendes Ideal der 50er und 60er Jahre, das sich aber wegen seiner Einschränkungen für die Interpretation z. B. zeitgenössischer Orgelmusik nicht durchgesetzt hat. Außerdem wurde später die mangelhafte Klangdefinition einzelner Register und die für ihre Größe zu geringe Fülle der Orgel beanstandet.

Zunächst sollten Haupt- und Oberwerk mit je 15 Registern und ein Pedalwerk mit 13 Registern gebaut werden. Um das Geld für die Orgel zusammenzubekommen wurde eine große Spendenaktion gestartet, an der sich die ganze Gemeinde rege beteiligte. Ein goldenes Buch der Orgelspender wurde angelegt. Die Mitglieder der Kantorei boten sonntags nach dem Gottesdienst Schmuck an, den sie selbst aus Kupfer- und Silberdraht gefertigt hatten. Aus dem Erlös wurden die größten Pfeifen des Hauptwerks und viele kleine Pfeifen bezahlt, auf denen die Namen der jeweiligen Spender und Spenderinnen eingraviert sind. Zum ersten Mal erklang die neue Orgel am 20. Februar 1966 im Gottesdienst.

Das gesamte Projekt wurde mit dem Einbau des Brustwerks und des Rückpositivs im Jahr 1975 abgeschlossen. So war die Orgel mit ihren 61 Registern und 5230 Pfeifen zu einer der großen Orgeln Berlins herangewachsen.

Weil die Kirche 1990/91 zur Durchführung der Sanierung völlig leer sein musste, wurde die Orgel ausgebaut und ihre Pfeifen separat gelagert. Das war die Chance, die technische Anlage der Orgel zu überprüfen, die bisherige Stimmung zu ändern und eine der veränderten Akustik angepasste Intonation zu erreichen. In Zusammenarbeit zwischen dem Organisten Berend Bergner und der – schon für die 1939 geplante neue Orgel vorgesehenen – renommierten Fa. Sauer, Frankfurt/Oder, wurden diese Arbeiten ausgeführt. Im Jubiläumsgottesdienst zum 60-jährigen Bestehen der Kirche Am Hohenzollernplatz am 20. März 1993 erklang die umdisponierte, neuintonierte und wohltemperierte Orgel zum ersten Mal für die Gemeinde.

Die Gutachter und der Landeskirchenmusikdirektor sprachen der überholten großen Konzertorgel ihr höchstes Lob aus.

Die Orgel im Gemeindesaal

Für die Veranstaltungen im Gemeindesaal wurde 1935 neben der Bühne von der Fa. Walcker (Ludwigsburg) eine Orgel mit 12 Registern bei 2 Manualen und Pedal eingebaut. Ursprünglich pneumatisch ausgestattet, wurde die Spiel- und Registeranlage in den 80er Jahren wegen völlig unzureichender Funktionsfähigkeit elektrisch umgebaut. Leider sind die aus feinem Ziegenleder bespannten Teile der Orgel inzwischen altersmüde und brüchig geworden, so dass sie nicht mehr bespielbar ist. Von der Klangauslegung her wäre die Orgel durchaus restaurierungs- und erhaltenswert. Vielleicht ergibt sich einmal durch ein verstärktes und neu erwachendes Interesse an Orgelmusik die Möglichkeit, diese Orgel wieder instandzusetzen.

Manual I

Prinzipal 8’ – Blockflöte 4’ – Mixtur 4fach - Zimbel 3fach – Trompete 8’ – II an I – Sub II an I – Super I

Manual II

Rohrgedackt 8’ – Salicional 8’ – Principal 4’ – Waldflöte 8’  – Super I

Pedal

Subbass 16’ – Principal 8’ – Bassflöte 8’ – Super I

Die Chororgel

Seit dem 20. März 1993 hat die Konzertorgel ein kleines Pendant bekommen: eine Chororgel, die an der linken Seite des Triumpfbogens steht. Sie wurde von der Daniel-Gemeinde übernommen, die sie 1967 bei der Fa. Walcker angeschafft hatte. Dieses Positiv wurde  von der Fa. Sauer für die Kirche Am Hohenzollernplatz umgebaut und neu intoniert. Diese Chororgel wird als Continuo-Instrument für Aufführungen im Bereich des Altarraums, zur Begleitung von Soloinstrumenten oder -gesang, zum Einüben neuer Lieder und zur Liedbegleitung bei Kasualien eingesetzt.

Manual

Gedackt 8’ – Principal 4’ – Rohrflöte 4’ – Oktav 2’ – Terzian 2fach – Scharff 3fach

Pedal

Subbass 16’ –  Pedalkoppel